CFS Index
08.10.2025
Deutsche Finanzbranche sieht noch deutlichen Handlungsbedarf bei der Wirtschaftspolitik
CFS-Umfrage zu „Die bisherige Wirtschaftspolitik der neuen Bundesregierung“
Hintergrund:
Die neue Bundesregierung ist nun einige Monate im Amt. Die wirtschaftlichen Herausforderungen sind groß: Stagnation beim Wirtschaftswachstum, hohe Anzahl von Unternehmensinsolvenzen, steigende Staatsverschuldung. Die Bundesregierung versucht gegenzusteuern u.a. durch das Infrastrukturprogramm und den „Wachstumsbooster“, der erhöhte Abschreibungen und ab 2028 eine schrittweise Absenkung der KöSt vorsieht. Außerdem sollen ein Bürokratieabbau und eine Digitalisierung der Verwaltung erfolgen. Vor diesem Hintergrund haben wir Fach- und Führungskräfte aus der Finanzindustrie nach ihrer Einschätzung zur bisherigen Arbeit der Bundesregierung befragt.
Ergebnisse der Umfrage
Mehr als 85% der Befragten gehen davon aus, dass die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung die deutsche Wirtschaft nur wenig bis gar nicht ankurbeln werden. Etwa 70% der Panelisten halten die bisher geplanten steuerlichen Entlastungen für Unternehmen für unzureichend und fordern mehr Entlastungen bei gleichzeitig vermehrten Einsparungen bei den staatlichen Ausgaben. Gut 18% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer halten die vorgesehenen Entlastungen angesichts der Haushaltslage für angemessen.
„Die hohen Erwartungen an die Bundesregierung werden aus Sicht des Finanzsektors bislang nicht erfüllt. Hier muss deutlich mehr kommen, wenn man den strukturellen Herausforderungen der deutschen Wirtschaft erfolgreich begegnen will“, sagt Professor Volker Brühl, Geschäftsführer des Center for Financial Studies.
Auch im Hinblick auf den vielfach geforderten Bürokratieabbau – gestützt durch die Einrichtung des neuen Digitalministeriums – sind die meisten Befragten skeptisch. Dass es in den nächsten drei Jahren zu einem spürbaren Bürokratieabbau kommen wird, erwartet nur 3% der Umfrageteilnehmer. 58% erwarten keine oder nur sehr geringe Fortschritte bei der Entbürokratisierung. „Diese niedrigen Erwartungen sind sicher auch den Enttäuschungen der Vergangenheit geschuldet. Bürokratieabbau wurde schon früher versprochen, aber kaum umgesetzt. Hier liegt also auch eine Chance der Regierung, durch konsequente Reformen zu punkten“, erläutert Brühl.
Auch die Finanzierungsprobleme in der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) werden immer größer. Dass die neue Bundesregierung hier eine langfristig tragfähige Lösung auf den Weg bringen wird, glauben weniger als 10% der Befragten. Mehr als 86% glauben das nicht.
„Länder wie Schweden oder die Niederlande haben es erfolgreich vorgemacht. Der beste Zeitpunkt für Reformen war bereits vorgestern! Aber besser jetzt als nie. Es ist unser aller Aufgabe am Finanzplatz, unermüdlich für eine stärkere Kapitalmarktkomponente in allen drei Säulen der Altersvorsorge zu werben. Die langfristige positive Wirkung ist enorm und trägt zu breiter Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg und zum sozialen Frieden bei“, sagt Hubertus Väth, Geschäftsführer von Frankfurt Main Finance.
Die Ergebnisse basieren auf einer vierteljährlich vom Center for Financial Studies durchgeführten Managementbefragung unter Unternehmen des Finanzstandortes Deutschland.
Wir danken Frankfurt Main Finance e.V. für die finanzielle Förderung des Projekts.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Professor Dr. Volker Brühl
069/798 30050
volker.bruehl@hof.uni-frankfurt.de
Das Center for Financial Studies (CFS) betreibt unabhängige und international orientierte Forschung in allen wesentlichen Themenfeldern der Finanzmärkte, Finanzinstitutionen und Monetären Ökonomie: von Finanzstabilität und Bankenregulierung über Wertpapierhandel und -bewertung auf Finanzmärkten, Portfolioentscheidungen von Haushalten und Recht und Ökonomie von Finanzorganisationen bis hin zu Geldpolitik und Ökonomie von Finanzmärkten. Das CFS leistet, unter Verwendung relevanter Erkenntnisse aus seinen Forschungsbereichen, einen Beitrag zu politischen Debatten und Analysen. Es greift für seine Forschungsprojekte und Politikberatung auf ein Netzwerk aus Wissenschaftlern und Persönlichkeiten aus Finanzindustrie und Zentralbanken in- und außerhalb Europas zurück.